Füße – Schuhe – Weg, 2. Segenswegstation am 5. September 04

 

    So viele bunte Schuhe! Kinderschuhe, Damenschuhe, Herrenschuhe. In allen Größen. Lauflernschuhe, Mokassins, Pumps, Gesundheitstreter, Jesuslatschen. Gummistiefel, Turnschuhe, Wanderschuhe, Skistiefel. Ausgetreten oder kaum getragen. Lieblingsschuhe oder Fehlkauf. Es gibt für alle und jeden und jede die passenden Schuhe. Für Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Allein Joggingschuhe: Für Langstrecke, Kurzstrecke, Wald, Asphalt, Mischboden.
    Und es gibt die falschen Schuhe. Eine Bergwanderung in Pumps macht eine Frau nur einmal. Glatte Schuhe im Winter sollte man meiden. Ein Einkaufsbummel in Gummistiefeln passt ebenso wenig wie Sandalen auf dem Motorrad. Und eine Typfrage ist es auch noch. Wenn ich tagein tagaus in Gesundheitsschuhen mich zu bewegen gewohnt bin, werden sich meine Füße mit Blasen beschweren, wenn ich ihnen den modischsten Chic überziehe, nur weil ich gerade in Paris bin.
    Manche Schuhe verraten auch einiges über die Besitzerin oder den Besitzer. Hebbel sagte einst: „Es gibt Leute, denen man, wenn sie den Stiefel schon anhaben, nicht unbedingt zutrauen darf, dass sie auch den zweiten anziehen werden.“ Oder: „Es weiß niemand besser, wo der Schuh drückt, als der, der ihn trägt.“ Wenn wir fragen: „Wo drückt der Schuh?“ dann meinen wir, dass etwas an unserem Lebensweg im Augenblick nicht stimmt. Die Schuhe passen nicht zum Weg. Gedanken und Gefühle stimmen nicht überein, da stimmt was nicht. Also muss man Schuhe suchen, die den Füßen gerecht sind. Und schließlich: Verliert man die Schuhe, so behält man die Füße.“
    Denn Schuhe gibt es viele. Doch die Füße bleiben dieselben. Auch als Schweißfuß, Plattfuß oder Senk-Spreiz-Knick-Fuß. Doch sie sind es, die uns auf den Weg bringen, die unsere Schritte setzen, die aufbrechen, loslassen, abspringen, losrennen, stehen bleiben, sie haben festen Stand oder weiten Raum. Manchen Gang gehe ich mit schweren Schritten. Manche Strecken bewältige ich leichtfüßig. In Siebenmeilenstiefeln oder mit Bleisohlen. Oder Bleifuß. Je nachdem. Und als Mose sich in der Wüste dem brennenden Dornbusch näherte, da sagte die Stimme Gottes zu ihm: „Zieh deine Schuhe aus, denn der Boden auf dem du stehst, ist heiliges Land.“ Zieh die Schuhe aus und komm mit bloßen Füßen, so wie du bist, ohne Beiwerk, ganz du.
    Kleines Experiment: Stellen Sie sich einmal hin. Beide Füße fest auf dem Boden. Fester Stand, wie Wurzeln, die nach unten ausschlagen und in den Boden wachsen. Hin- und herwiegen, kreisen, nach vorne und nach hinten. Dann so tun, als mache ich mich auf den Weg. Ich beginne vorsichtig, einen Fuß anzuheben. Der Stand wird wackelig. Auf einem Bein erst recht. Dann der Schritt nach vorn. keine ausgewogene Balance. Erste wenn der zweite Fuß nachkommt, habe ich einen neuen Standpunkt.
    Neuland betreten ist gar nicht so einfach. Aufbrechen ist wackelig. Ankommen geht nicht sofort. Ich brauche Balance, festen Grund, guten Boden, ein klares Ziel, festen Willen und vielleicht auch Unterstützung.
    Unsere Füße tragen uns. So klein sie im Vergleich zum Körper auch sind. In Größe 27, 36 oder 46. Sie tragen uns vorwärts, geben uns Standfestigkeit, sind flexibel und unglaublich beweglich. Deshalb spricht auch die Bibel gerne von Füßen. „Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Weg“, sagt der 119. Psalm. Orientierung und Geländer für den Lebensweg, den ich abschreite. „Mein Fuß steht auf rechtem Grund“, heißt es in Ps 26,12. Überprüfe deinen Standpunkt, sieh zu, ob du noch festen Boden unter dir hast und nicht ins Bodenlose abgleitest. Doch wenn ich mich auf Gott verlasse und ihm vertraue, dass er mich trägt, dann stellt er meine Füße auf weiten Raum (Ps 31,9), gibt meinen Schritten weiten Raum, dann sorgt er dafür, dass meine Füße sich nicht an einem Stein stoßen, und meine Schritte nicht gleiten. Zu Ezechiel sagt Gott: „Du Menschenkind, tritt auf deine Füße, ich will mit dir reden. Und als er so mit mir redete, kam Leben in mich und stellte mich auf meine Füße und ich hörte dem zu, der mit mir redete.“ Steh auf“! heißt das, komm hoch, komm auf die Beine, mach dich auf, komm in die Pötte, d.h. in die Schuhe, damit du nicht aus den Latschen kippst!
    Aber Unterstützung bekommen wir auch. Von Gott selbst. Er gibt unseren Füßen festen Grund, Ziel, ebene Bahn. „Des Menschen Herz erdenkt sich seinen Weg, doch Gott lenkt seinen Schritt.“ (Spr 16,9) Wohl geraten wir mit unserem Willen, unseren Zielen und unseren Füßen auf Irrwege, Um-, Holz- und Abwege. Aber es gibt einen, der uns gerade da noch trägt. Und wir können Gottes Spuren feststellen im Alltag. In seinem Wort, seinen Verheißungen, in einer Begegnung, einer Gänsehaut, einem Blick. Und wir werden merken, wie es Ps 65,12 so wunderschön in Worte kleidet: „Gottes Fußtapfen triefen von Segen.“
    Uschi Vielhauers Bild: Grüner Grund. Grün ist die Hoffnung. Hoffnung ist fester Grund, lässt nicht zuschanden werden. Die Schuhe in Blau: Blau ist die Ewigkeit. Sie ist das Ziel. Die Ewigkeit im Jetzt. Und der Weg geht von links unten nach rechts oben. Nicht geradlinig, auch quer, aber er hat eine Richtung, eine Bewegung. Er ist Segensweg. Denn „Ich will dich unterweisen und dir den Weg zeigen, den du gehen sollst; ich will dich mit meinen Augen leiten.“ Ps 32,8.
    Was ist der Grund, auf dem du stehst? Was ist das Ziel, für das du lebst? Welches ist der Weg, der dich dorthin führt? Von wo kommt das Licht, das deinen Weg erhellt? Welcher Schuh passt dazu am besten?
    Unsere Stiftung haben wir gegründet, weil uns der Schuh drückt. Es fehlt an Geld und wird immer enger. Vielleicht ist der Schuh auch zu groß mit so einem großen Ziel von 750.000 €. Und doch machen wir uns auf den Weg in der Hoffnung, dass er zum Segensweg wird.  Kann sein, dass wir die Schuhe wechseln müssen. Dann nehmen wir halt andere. Aber heute machen wir uns auf den Weg, mit großen und kleinen Schuhen, bunt, leicht, schwer, sportlich, elegant, praktisch, bequem, hübsch, chic, breit, schmal, spitz, rund, offen, halbhoch, mit Riemchen mit Klettverschluss, mit Schnürsenkel, modisch und zeitlos unmodern, italienisch, französisch, finnisch, viele kleine Schritte, gemeinsam auf dem Weg. Wir brechen auf, begegnen uns, haben einen gemeinsamen Weg mit gleichem Ziel. Jetzt ist das Ziel der Kindergarten Auf dem Hilf. Dahinter steht das Ziel des Lebenstraumbaumfestes mit dem Segensbaum von Burkhard Vielhauer. Und dahinter steht das Ziel Gottes mit den Menschen, sein Fest des Lebens. Es ist ein Weg mit einem Ziel. Die ersten Christinnen und Christen wurden „die vom neuen Weg“ genannt. Nicht „die von der neuen Lehre“ oder so. Und dieser Weg, diese Be-weg-ung ist schon so viel, dass wir darüber jubeln können, auch wenn wir wissen, wie unvollkommen wir selber noch sind und wie unvollkommen alles auf dem Weg noch ist. Es geht darum, dass wir uns auf diesem Weg bewegen. Und die Freude am Herrn ist unsere Stärke. Der Hebräerbrief spricht gern vom wandernden Gottesvolk. Und er sagt uns zu: „Darum stärkt die müden Hände und macht fest die wankenden Knie und macht sichere Schritte mit euren Füßen!“ Amen.

           Christoph Bergmann                                                                                                                zurück